Kapitelübersicht
Im letzten Kapitel lasen wir eine Zusammenfassung der Ereignisse, die sich überwiegend in St. Johannis ereignet hatten. In diesem Kapitel müssen wir etwas weiter ausholen, um das Gesamtgeschehen darzustellen.
Kaiser Sigismund (1410-1473), Sohn Karls des Vierten, also ein Luxemburger, bestimmte maßgeblich die Geschichte des Reiches in der 1. Hälfte des Jahrhunderts. Friedrich der III. (1440-1493), ein Habsburger, war der letzte deutsche Kaiser, der aus der Hand des Papstes die Kaiserkrone empfing.
Sein Nachfolger Maximilian I. wurde bereits in Frankfurt zum Kaiser gekrönt. Von den geschichtlichen Meilensteinen müssen einige zum Verständnis der gesamten Ereignisse, soweit sie für Nürnberg und St. Johannis zutreffen, erwähnt werden.
Friedrich von Hohenzollern wurde 1415 von Kaiser Sigismund mit der Mark Brandenburg belehnt. Verbunden waren damit die Kur und Erzkämmererwürde. Wohl der bedeutendste Markstein in der Geschichte der Hohenzollern. Dann kam gleich wieder eine schlechte Nachricht für die Markgrafen. 1419 brannte die Burggrafenresidenz auf der Nürnberger Burg nieder. Sinnigerweise soll der Rat der Stadt während des Brandes einen Tanz im Rathaussaal abgehalten haben.
Die Burg des Burggrafen befand sich zwischen der sogenannten Burgamtmannswohnung und dem fünfeckigen Turm an der Stadtmauer. Der heutige Hohlweg ist wahrscheinlich durch den nicht beseitigten Brandschutt entstanden. Damit waren die Burggrafen endgültig von der Burg vertrieben.
Im gleichen Jahr erfolgte ein Kauf, der auch für die Geschichte von St. Johannis von großer Bedeutung sein sollte. Der Deutsche Orden verkaufte so ziemlich seinen ganzen Grundbesitz außerhalb des Ordensgeländes an die Stadt Nürnberg. Der größte Brocken davon war das Gebiet zwischen der westlichen Stadtmauer und dem Gottesacker bei St. Johannis, südlich der heutigen Johannisstraße liegend. Für den südlichen Teil von der Johannisstraße besaß die Stadt Nürnberg das Obereigentum. Der nördliche Teil blieb weiterhin ein Lehen der Markgrafen.
Schwere Schatten warfen die Hussitenkriege (1419-1436) über Deutschland. Nürnberg sollte zunächst nicht von ihnen betroffen sein. Die Böhmen rächten den Tod ihres Johann Hus furchtbart. Daneben ließ die Bewegung auch die ersten Regungen eines Nationalbewusstseins erkennen. Es war der Hass der Böhmen gegen das deutsche Element in ihrem Lande. Ein richtiger Krieg fand nicht statt. Sengend und brennend zogen sie durchs Land. Eine kritische Situation entstand, als die Hussiten über Bamberg und die Fränkische Schweiz kommend, plötzlich „drei meil zur Stadt Nürnberg“ standen (1430). Sie verhandelten mit der Stadt und zogen mit einer Erpressersumme von 12.000 Gulden weiter nach Süden. Es stellt sich die Frage, warum Nürnberg leichten Herzens zahlte, wo es doch festungstechnisch und vorratsmäßig jedem Angriff gelassen entgegen sehen konnte. Aber die Stadt wollte einer vollständigen Verwüstung des Umlandes, die unvermeidlich mit einer längeren Belagerung der Stadt einhergegangen wäre, vermeiden.
Im Jahre 1426 / 1427 und noch einmal zehn Jahre später wütete die Pest in Nürnberg. Dabei wird zum ersten Mal als Begräbnisstätte für die Pesttoten der „Gottesacker“ zum heiligen Grab bei St. Johannis genannt.
Von den sonstigen Ereignissen jener Zeit bildete der Krieg zwischen Nürnberg und den Markgrafen den geschichtlichen Mittelpunkt. Er ist in die Geschichte als erster Markgrafenkrieg (1449/50) eingegangen. Nürnberg hatte Zeit, sich auf diese Unternehmung militärisch vorzubereiten. Der damalige Kaiser Friedrich III. soll nach einem vergeblichen Vermittlungsversuch die prophetischen Worte gesprochen haben:
„Lasset sie kämpfen und sich zu Grunde richten; den Frieden den sie verschmähen nun da ihre Länder noch in Blüte stehen, werden sie gerne suchen, wenn ihr Besitz verheert und zerstört ist.“
Die Kriegführung war unvorstellbar primitiv. Sie bestand im gegenseitigen Abbrennen und Zerstören des feindlichen Besitzes, der Wegnahme des Viehs und dem Abschlachten der Bauern. Auch hier musste, wie in vorherigen und nachmaligen Kriegen, der Bauer die Zeche bezahlen.
Als eine der Kriegsvorbereitungen wurde 1449 auch, vielleicht zum ersten Mal, die „Landwehr“ erwähnt. Sie bildete die Grenze des Burgfriedens und umschloss das Weichbild der Stadt. Es war ein Graben-Wallsystem mit Palisadengeflecht. Die Durchlassstellen waren mit Wachhäuschen und Schranken bewehrt. Für unser heutiges Verständnis ein schwaches Befestigungssystem, aber für mittelalterliche Begriffe schon ein gewisses Hindernis, das der Feind erst überwinden musste. Wenige Meter westlich der St. Johanniskirche befand sich eine solche Schranke mit Wachhäuschen.
Die entscheidende Wendung in dieser Auseinandersetzung brachte die „Schlacht“ an den Pillenreuther Weihern. Der Markgraf Albrecht Achilles wurde in einen Hinterhalt gelockt und entging mit Not seiner Gefangennahme. Drei Jahre dauerte es noch, bis mit Hilfe des Herzogs Ludwig von Bayern eine Einigung zustande kommt. Nürnberg erhält seinen ganzen territorialen Besitz zurück, muss aber trotzdem 25.000 Gulden an den Markgrafen zahlen.
Der Markgraf bekannt späte Reue, als er 1453 mit dem Nürnberger Jobst Tetzel in Ansbach ein Gespräch führte, das dieser aufzeichnete. „ nu hab ich eine sele und wiß nit wie lang ich lebe und hett die sach vor mir, dass ich ....dies land in guten friden wollt, damit ich der üblen sach des kriegs, so ich zugericht, eine widerlegung tun wolt: halt das gar vil mer für meine sele, dann das ich gen Rom ritt.“
St. Johannis blieb im ersten Markgrafenkrieg von Kriegszerstörungen verschont. Nach einer Niederlage der Nürnberger bei Langenzenn gelang es dem Markgrafen, bis nach St Johannis vorzustoßen. Am Landgraben (heute Kreuzung Brücken-Johannisstr.) schien er jedoch Halt gemacht zu haben. Einige Tage später griff der Landgraf noch einmal von Norden her an und kam bis an die Gärten des Tiergärtner Tores. Doch lassen wir Müllner selbst zu Wort kommen:
„als solches der Markgraf gesehen, hat er ihnen mit aller Macht nachgestzt und sie hinein bis zwischen die Gärten vor dem Thiergärtnertor gejagt, hat aber wegen des Schießens von der Stadtmauer und Thürmen nit weiter wagen dürfen. Etliche nürmberger Fußknecht, welche den St. Johannis Kirchhof und Kirchen, auch das Pfarrhaus zum Vortheil eingenommen, schossen tapfer unter die Feind, täten ihnen großen Schaden.“
Anscheinend hatte sich der Draufgänger Albrecht Achilles einmal beim Tiergärtnertor wieder zu weit vorgewagt und musste einen eiligen Rückzug antreten. Für den letzten Teil des Weges benutzte er die Johannisstraße, wo er von den Nürnbergern, die sich auf dem Johanniskirchhof verschanzt hatten, seitliches Feuer erhielt.
Sebald Peringsdörfer, verheiratet mit Katharina Harsdörfer, beide aus einflussreichen Patrizierfamilien stammend, gab bei der Werkstatt Michael Wohlgemuts einen Altar in Auftrag. Dieser war als fromme Stiftung für die Georgen-Kapelle, auch St. Salvator genannt, im Augustiner Kloster bestimmt. Am 25. März 1486, einem Karsamstag, wurde Salvatoraltar (Erlöseraltar) im Augustiner-Kloster St. Veit geweiht. Von dem Altar wird zu einem späteren Zeitpunkt noch zu berichten sein.
1455 wurde Adam Kraft geboren. Er schuf unter anderem ein bis heute eindrucksvolles Kunstwerk, die „Via Dolorosa“. Es ist ein Kreuzweg mit sieben Stationen entlang der heutigen Burgschmietstraße, beginnend am Tiergärtnertor und endend auf dem St. Johannisfriedhof in der Holzschuherkapelle.
Albrecht Dürer, dessen Kunst in die ganze Welt strahlte, wurde 1471 geboren und schuf auch für den Stadtteil St. Johannis einzigartige Kunstwerke. Er war einer der ersten, der sich an räumliche Landschaftsmalereien heranwagte. In einem Aquarell zeigt er die St Johanniskirche mit dem Kirchhof und den angrenzenden Gärten.