Kapitelübersicht
In der selben Zeit, etwa um 1350, stiftete Berthold I. von Haller auf einer Hofstatt des burggräflichen Lehens ein Pilgerspital. Das Spital war an der Hauptstraße nach Frankfurt in der Johannisstraße 20-22/Johannismühlgasse gelegen. Das Land dazu hatte Haller sich allerdings vorher vom Burggrafen schenken lassen. Ein Stiftungsbrief ist nicht mehr vorhanden. Die erste Nennung der Stiftung erfolgte von den Burggrafen Albrecht und Johann II., seinem Bruder, im Jahr 1354. In dieser Urkunde loben die Burggrafen das Vorhaben des Haller, eine Pilgerherberge zu stiften, und aus diesem Anlass schenkten sie ihm die Hofstatt mit allen darauf stehenden Gebäuden. Das, was Berthold nur als Lehen besaß, ging nun in sein volles Eigentum (Obereigentum ) über. Er konnte es verkaufen und vererben.
Der Begriff „Spital“ umschreibt das Pilgrimsspital Hl. Kreuz falsch, obwohl er sich im Laufe der Zeit für die Institution eingebürgert hat. Die Aufgabe der Einrichtung bildete nicht die Aufnahme von Armen, Alten oder Kranken, sondern die Beherbergung von Pilgern, die auf ihrer Wallfahrt nach oder durch Nürnberg kamen. Die Lage an einer der nach Nürnberg führenden Hauptstraßen, kurz bevor sie das Stadttor erreichten, war ideal. Es konnten nämlich auch Pilger aufgenommen werden, die erst nach Einbruch der Dunkelheit ankamen, wenn die Stadttore bereits geschlossen waren.
Als sich Berthold I. Haller (um 1310 – 1379) um 1340 entschloss, eine wohltätige Stiftung zu errichten, war Nürnberg mit Spitälern bereits gut versorgt. Vor allem die Stiftung von Heilig Geist durch Konrad Groß hatte in diesem Bereich gut ein Jahrzehnt vorher die Fürsorgesituation deutlich verbessert. Ein weiteres „klassisches Spital“ kam deshalb für Bertold Haller nicht in Frage; er kam auf eine andere Idee: Als häufig reisender Fernhandelskaufmann kannte er wohl die Situation von Pilgern, die oftmals vor den Toren einer Stadt kampieren mussten. Wahrscheinlich waren durch solch „wildes Campieren“ auch schon die Hallerschen Grundstücke im Westen Nürnbergs in Mitleidenschaft gezogen wurden, so dass die Stiftung der Pilgerherberge zugleich eine Art Hallersche Selbsthilfemaßnahme darstellte.
Noch zu Lebzeiten des Gründers wurde die Stiftung reichlich bedacht, das heißt, mit Mitteln ausgestattet, mittelalterlicher Frömmigkeit entsprechend. So wie sich jeder Stifter noch zu Lebzeiten Gedanken darüber macht, was nach seinem Tod mit seinem Werk geschehen soll, hat auch Berthold Haller zusammen mit seiner Ehefrau 1364 einen Brief an den Rat der Stadt geschrieben mit dem Willen, den Rat der Stadt zum Verwalter zu bestellen. Der Rat sollte jeweils den Pfleger ernennen. In dem Brief betont er weiter seine volle Geschäftsfähigkeit, „mit gesundten Leib, verdachten mut und mit guter vorbereitung“. Er dachte hier wohl vor allem an mögliche Erbstreitigkeiten.
Etwa acht Jahre nach der urkundlichen Erwähnung des Pilgerspitals wurde im Jahr 1362 die zum Spital gehörende Kapelle zum Heiligen Kreuz in einem Messstiftungsbrief das erste Mal erwähnt. Nur wenige Jahre später (1363) entstand als Stiftung der Familie Waldstromer das zweite Nürnberger Pilgerspital St. Martha in der Königstraße, damals ebenfalls vor den Stadttoren gelegen.
Diese Pilgereinrichtungen sind eine notwendige Einrichtung des Mittelalters. Während die Begüterten in einer Gastwirtschaft logieren konnten, blieb für die Unbemittelten nur die (kostenlose) Pilgerherberge.
Das Spital bestand aus drei Hauptgebäuden: Der Pilgerherberge, der Kapelle und dem Pfründnerhaus. Dazu kamen Nebengebäude wie Stallungen oder Gartenhäuschen. Die Anlage war von eher bescheidenem Ausmaß: Die Herberge selbst war 27 Meter lang und 10 Meter breit, die Kirche 25 Meter lang und 8 bis 11,5 Meter breit. Insgesamt galt das Ensemble als eines der malerischsten Nürnbergs. Im Pfründnerhaus lebte der Vicar , der für die geistliche Betreuung der Stiftung zuständig war.
Die Ausstattung der Heilig Kreuz Kirche glich den anderen Nürnberger Kirchen: Totenschilde, spätmittelalterliche Kunstwerke und Altäre. Zwei Stücke sind davon besonders hervorzuheben: Der Peringsdörfer Altar und der Vierzehn-Nothelfer- Altar, die sich heute nach wie vor in St. Johannis, jetzt in der Friedenskirche befinden.
Der erste Markgrafenkrieg verschonte Hl. Kreuz. Der Feind drang nur bis zum Landgraben bei der Johanniskirche vor (heutige Brückenstraße). Dagegen wurde dem Pilgrimspital im 2. Markgrafenkrieg böse mitgespielt. Das Übernachtungshaus für Pilger wurde abgebrannt, um dem Feind ein Festsetzen in Gebäuden unmöglich zu machen, vor allem aber deshalb, um freie Geschossbahnen für die Geschütze zu schaffen. Die Kirche wurde zerbrochen. Vielleicht sind darunter Maßnahmen zu verstehen, die ein rasches Einlegen der Kirche ermöglichen sollten. So sind die Schäden nicht durch Feindeinwirkung entstanden, sondern von den Nürnbergern selbst verursacht worden.
Den Chroniken entnehmen wir weiterhin folgende Ereignisse: 1494 nimmt die Herberge für kurze Zeit Pestkranke auf. Eine Zeitlang wurden zwei Stuben für Franzosenkranke (Syphilis) zweckentfremdet (1496).
Der einflussreiche und wohlhabende Sebald Haller (1502 bis 1578) konnte in wenigen Jahren die Pilgerherberge wieder aufbauen und alle Schäden beseitigen.
1796 wurde die gesamte Vorstadt von Preußischen Truppen besetzt. Die Preußische Regierung anerkannte die Stellung der Heilig-Kreuz-Stiftung als reine Privatstiftung der Hallerschen Familie und ließ sie unbehelligt weiterarbeiten.
Als Nürnberg 1806 dem Königreich Bayern zugeschlagen wurde, kam allerdings das Ende für die Heilig-Kreuz-Stiftung. Es wurde überlegt, die mildtätigen Stiftungen Nürnbergs zu einem sinnvolleren Fürsorgesystem zusammenzufassen und jeder Einrichtung einen speziellen Zweck zu geben. Eine Verwendung von Heilig Kreuz als Spital für ansteckende Kranke wurde zwar erwogen, aber nicht umgesetzt. Stattdessen löste die Bayrische Verwaltung die Stiftung auf und teilte sie 1808 in drei Teile: Die Kirche und ein Teil des Vermögens ging an die Kultusverwaltung, die restlichen Immobilien und der größte Teil des Vermögens an die Fürsorgeverwaltung, das Pflegerhaus mit Wohnrecht, Kirchenempore und ein Teil der fälligen Abgaben an die Familie Haller. Dieses Nebeneinander von drei Nutzungsberechtigten und Eigentümern führte zu verwirrenden Rechtsverhältnissen, etwa bei der Kostenübernahme für dringend notwendige Renovierungsarbeiten an der Kirche.
Vielen alten Johannisern ist noch die Gastwirtschaft im Pilgerspital, kurz das „Kreuzla“ genannt, ein Begriff. Das Recht, Bier auszuschenken, ging bereits auf das Mittelalter zurück. Erst 1809 wurde dieses Recht allerdings wirklich genutzt und die ehemalige Herberge an einen Wirt verpachtet. Die so entstandene Gaststätte erfreute sich rasch großer Beliebtheit. Der Wirt bewirtete seine Gäste auch im Hof, wodurch eine der schönsten Nürnberger Gartenwirtschaften entstand.
Die Bomben eines Luftangriffes am 8/9. März 1943 ließen vom “Kreuzla” nur noch Trümmer übrig, dem sinnlosen Luftangriff am 2. Januar 1945 fiel das Heilig Kreuz-Spital dann fast völlig zum Opfer. Die ausgelagerten Kunstschätze überlebten und sind heute wieder in der Friedenskirche und in der Großgründlacher Laurentiuskirche zu sehen.